Schreiben von Heinz-Jürgen Mittmann
Abschied kann weh tun: Liebe PSV’er/innen, lange habe ich mit mir gerungen, ob ich zum Abschluss meiner sportlichen Tätigkeiten einen Rückblick aufs Papier bringe soll, zumal ich keinen Computer besitze. Alles handschriftlich an Bernd geschickt, der somit die Mühe hatte, die Zeilen bedarfsgerecht fürs Heft aufzuarbeiten, wofür ich mich herzlichst bedanke.
990 Wettkämpfe
Mein selbst gestecktes Ziel noch den 1000. Wettkampf zu absolvieren konnte ich nicht erfüllen. Zehn fehlen mir noch. Ein enormer Leistungsabfall mit Gesundheitsproblemen zeigen mir, mein Körper streikt. Habe mich eh jahrzehntelang entgegen ärztlicher Empfehlungen auf die Strecken begeben. Wegen Vorhofflimmern sollte ich von Beginn an höchstens langsam joggen. Immerhin lief ich 20 Jahre Distanzen von 800m bis 24 Stunden. Fehlendes Talent versuchte ich mit Kampfgeist und Begeisterung zu kompensieren.
Wettkampflaufen war nach einer Knie OP nicht mehr möglich, ich war am Boden zerstört. Dann aber ließen bei mir zwei erfolgreiche Wanderungen über 50 bzw. 100km den Entschluss reifen zum Gehen zu wechseln.
Vom Einstieg ins sportliche Gehen, über die Walking-Gruppe beim SFB-Lauftreff im Tiergarten bis zur Gründung eines erfolgreichen Geherteams beim PSV
Mein erster Wettkampf, ausgetragen im Mommsenstadion im Rahmen der Berlin-Brandenburgmeisterschaften, führte zur Ernüchterung. Nach wenigen Runden sah ich schon die 3. Ermahnung. Das bedeutete wohl ich müsste aufhören, ging es mir durch den Kopf, also blieb ich stehen. Der Gehrichter trieb mich an weiterzumachen, bis man mir die rote Kelle zeigen würde. Insgesamt 8x streckte sich die gelbe Kelle mir entgegen, aber ich durfte bei starkem Regen das Ziel erreichen. Der Schock saß tief. So fuhr ich ein paar Wochen später nach Marzahn um mich dort bei Volker Umlauft mit der Technik auseinanderzusetzen. Begeistert über mein Anliegen war er nicht grade, seine Schützlinge gehörten ja zu den Assen der Disziplin. Offensichtlich aus Mitleid ließ er mich teilhaben.
Für einen von John Kunkeler (SCC) gegründeter Lauftreff an der Siegessäule im Tiergarten, der später vom Sender Freies Berlin (SFB) weitergeführt wurde, wurde mir der Aufbau einer Walkergruppe übertragen. Dass lag nahe, weil ich viele Jahre dem SCC angehörte, inzwischen Geher war und schließlich Walken nur eine vereinfachte Form des Gehens ist.
Nach erstem Aufruf des SFB erschienen über 100 Teilnehmende Mit Jutta Jung fand ich jemanden, der mir half, einen geordneten Ablauf zu organisieren. Jutta – die zwischenzeitlich überaus erfolgreich internationale Geh-Medaillen gewann – leitet heute den PSV-Walk-Treff. Sie brachte alles mit, was einen guten Übungsleiter ausmacht.
Die leistungsbewussten und ehrgeizigen „Powerwalker“ gewann ich nach und nach fürs sportliche Gehen. Mit Oleg Kolinko, Brigitte Zeidler und Bernd O. Hölters kamen dann Günter Evertz, Wilfried Gaube, Wolf-Dieter Giese, Ralf Janotte, Renate Westphal, Uwe Tolle und andere. So entstand ein PSV-Gehsportteam, das über ein Jahrzehnt nationale Titel und internationale Medaillen nach Berlin holte und den PSV quer durch Deutschland bekannt machte. Zwischenzeitlich gehörte unser Team zu den TOP 3 in Deutschland. Verstärkung kam auch von Athleten außerhalb von Berlin. Allerdings versiegte leider die Quelle Tiergarten: nachdem sich der RBB aus dem Tiergarten-Lauftreff zurückzog, fehlte für unser Angebot die Rundfunk- und TV-Werbung.
Unser Engagement für die Nachwuchsförderung
Der Vorstand erkannte die Attraktivität eines Gehsportteams als willkommene neue Disziplin in der Leichtathletikabteilung. Allerdings stieß unser Wunsch, den Nachwuchs mit unserer Disziplin bekanntzumachen und einzubeziehen, auf ablehnenden Widerstand der dort für die Abteilung tätigen Trainer/innen. Schließlich gelang es mir, den in seiner Geherlaufbahn sehr erfolgreichen Athleten Volker Umlauft als PSV-Gehsport-Nachwuchstrainer durchzusetzen. Die Jüngsten wurden älter, kamen ins Teenageralter, verließen uns um in nicht mehr sportliche Freizeitaktivitäten zu wechseln. Volker’s Bemühungen für Ersatz aus dem Kinderbereich der Abteilung zu sorgen, scheiterte an der Blockade der Nachwuchstrainer/innen. Mit Niklas Richter, der dann leider schon mit 14 Jahren zum Elite-Club SC Potsdam wechselte, und mit Emilia Lehmeyer, der zeitweilig erfolgreichsten deutschen Geherin der letzten Jahre, hat Volker aber in seiner Zeit die Basis geschaffen für ganz großartige Leistungen. Leider erlitt Emilia gerade in der WM- und Qlympia-Vorbereitung mehrere Ermüdungsbrüche, für Emilia, die Familie, ihren bisherigen Trainer und die ganze Gehsportöffentlichkeit ein großer Schock. Auch von dieser Stelle gute Besserung in eine ungewisse Zukunft und danke für Eurer Engagement im Rahmen der Leichtathletikabteilung/Gehsport des PSV.
Das gesamte Team hat mir all die Jahre soviel Freude bereitet, ich mag keine Stunde mit Euch missen. Es war einfach toll mit Euch.
An dieser Stelle muss ich auch noch mal Bernd Ocker hervorheben. Er kümmert sich weiter um den Informationsfluss, um den Zusammenhalt der Truppe und um die Anbindung an die nationalen Gehsport-Netzwerke und macht das Bestens.
Allen wünsche ich weiterhin Spaß, Freude und Erfolge beim sportlichen Gehen, mit Tränen in den Augen, nur noch von außen, als passives Mitglied, auf das Team schauen zu können.
Euer Heinz